Am Montag hat die Institution der Los Angeles Lakers, Kobe Bryant seinen Rücktritt vom professionellem Basketball zum Saisonende verkündet. Ein Feature von Gastautor und Basketballexperte Emin Alexandi:

„Kobeeeee….“ – Jeder passionierte Basketballer (ganz egal welches Niveau) kennt diesen Ausruf. Ob bei einem „Wurfdrill“ im Training der Ball im Korb, oder nach einem aufgegessenen Sandwich die zusammengeknüllte Alufolie im Mülleimer landen soll, insbesondere bei Wurfversuchen mit niedriger Erfolgswahrscheinlichkeit schallt Kobe Bean Bryants lang gezogener Vorname durch die Hallen, Freiplätze, Parks, Gänge und Räume dieses Planeten.
Warum sich dieser Selbstläufer in zwei Jahrzehnten mehr als etabliert hat? Weil Kobe Bryant  diese einzigartige Selbstsicherheit verkörpert, die für solche Würfe benötigt wird. Weil er diese Würfe so einfach hat aussehen lassen. Weil wir keinem Spieler zu keiner Zeit der post-Michael-Jordan-Ära mehr zugetraut hätten, solche Würfe zu versenken, als der mittlerweile 37-jährigen Basketballlegende, die mit 18 Jahren – damals 1996 – direkt aus der High School in die beste Liga der Welt kam.  Nun hat Bryant bekanntgegeben, so sprach er es am Montag in einem Gedicht verpackt aus, dass er diese am Ende der Saison verlassen wird.
Der Franchise-Spieler der L.A.-Lakers wird eine Lücke hinterlassen, die nur schwierig wieder geschlossen werden kann: Da sind  zum einen seine Spuren des Erfolgs mit 5 Meisterschaften, 17(!) Berufungen ins jährliche All-Star-Team der NBA sowie der Platz als dritterfolgreichster Punktewerfer der NBA-Geschichte. Zum anderen seine wahnwitzigen Statistiken und Rekorde (vier Spiele in Folge mit 50 oder mehr Punkten, 12 erfolgreiche Dreipunktwürfe in einem Spiel, 81 Punkte in einem Spiel); Das ist keine Lücke und kein Loch, Kobe Bryant hinterlässt einen Krater, dessen Bedeutung man nicht in Zahlen fassen, auf Webseiten nachlesen oder anhand von Videos beurteilen kann. Er hat es förmlich gestampft mit seinem bedingungslosen Ehrgeiz, einer schier übermenschlichen Arbeitsmoral und seinem unbändigen Siegeswillen.

Kobe Bryant ist ein Idol für Fans auf der ganzen Welt. Seine größte Fanbase hat er jedoch nicht in seiner Heimat, sondern in China. Was die Amis natürlich nicht davon abhält, Bücher, Videos, Filme, ja sogar Lieder über ihn zu produzieren. Er gehört ohne Zweifel zu den besten und ambitioniertesten Sportlern des 21. Jahrhunderts. Letzteres ist gleichzeitig der Grund, warum Bryant nun die Bühne verlässt. In seiner 20. NBA-Saison fordern 1293 NBA Spiele, gepaart mit den schwerwiegenden Verletzungen der vergangenen Jahre seinen Tribut. Sein Körper kann nicht mehr auf dem Level spielen, welches ihm seine Mentalität vorschreibt. Deshalb haben wir nun wohl noch bis zu den Playoffs Zeit, von einem der herausragendsten Basketballer aller Zeiten spielerisch Abschied zu nehmen. Doch es bleibt keine Zeit für Trauer, nein. Ich bin glücklich, dass ich diesen Menschen sehen durfte, der seinen Sport mit solch einer herausragenden Leidenschaft sowie unvorstellbaren Intensität ausführt und ich zukünftigen Basketball-Fans davon erzählen darf.

Durant: „Wie Scheiße behandelt“

Und trotzdem: Es ist gerade die nachfolgende Generation an Basketball- und Sportfans, die mir Sorge bereitet. Jüngere Fans, die den Aufstieg und die unzähligen Höhepunkte Kobes großartiger Karriere nicht miterlebt haben. Eine Karriere, die zwei ganze Generationen verbindet (einige aktive NBA Spieler waren noch nicht einmal geboren, als Kobe seine ersten Punkte in der amerikanischen Profiliga erzielte). Dass sie seinen einzigartigen, legendären Status angesichts der schwächeren Performances der letzten Saisons in Frage stellen. DAS wäre traurig und macht traurig.

Ein bisschen traurig macht ebenfalls, wie die Medienwelt mit Bryant zuletzt umgegangen ist. Harsche Kritik an dem Spiel der Lakers wurde – natürlich – ausschließlich auf ihn bezogen. Der MVP des Jahres 2014, Kevin Durant, hat sich dazu auf einer Pressekonferenz am Dienstag deutlich an die Pressevertreter gewandt. „Ich bin enttäuscht von euch, weil ihr ihn wie Scheiße behandelt habt. Er ist eine Legende, und ich höre nur, wie schlecht er spielt, dass er seine Würfe nicht trifft und aufhören soll. Ihr behandelt eine unserer Legenden wie Scheiße und das hat mir überhaupt nicht gefallen. Ich hoffe, ihr könnt jetzt etwas fairer über ihn berichten, nachdem er sich zum Rücktritt nach dieser Saison entschieden hat.“ Durant führte weiter aus, dass er es zwar verstehe, dass die Medien über die schwachen Leistungen berichten müssten, er sich dabei aber einen respektvolleren Ton wünsche. Zu Kobe sagte er noch: „Er ist jemand, den ich mein ganzes Leben lang um Rat und Hilfe bitten werde. Einfach ein brillanter, intelligenter Mann. Ich bin traurig, dass er geht. Aber er hat seinen Stempel in der Liga hinterlassen und Kobe Bryant war mein Idol. Ich habe ihn studiert, wollte sein wie er. Er war unser Michael Jordan.“ Gut möglich, dass Durant in der High School selbst ein ums andere Mal bei schwierigen bis schier unmöglichen Würfen voller Hoffnung schrie: „Koooooobeeee“.